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Reformpläne: Wie sich die Schweiz gegen die neuen OECD-Steuerregeln wehren möchte - Handelsblatt

Schweizer Berge

Das Land ist wegen seiner niedrigen Steuersätze für Unternehmen attraktiv.

(Foto:& dpa)

Es gibt Themen, bei denen man sich als Ausländer in der Schweiz lieber zurückhalten sollte: Dazu zählt die richtige Zubereitung eines Fondues, die Fehde zwischen den beiden Zürcher Fußballclubs – und die Steuerpolitik.

In der Eidgenossenschaft wird der Steuerwettbewerb großgeschrieben, die Steuersätze sind im internationalen Vergleich sehr niedrig. Das macht das Land für große Konzerne zu einem attraktiven Standort – zum Leidwesen vieler Nachbarstaaten, darunter Deutschland. Doch auf Kritik an ihrer Steuerpraxis sind viele Schweizer nicht gut zu sprechen.

Nun droht neues Ungemach aus dem Ausland. Durch geplante internationale Regeln zur Besteuerung von Großkonzernen drohen dem Schweizer Fiskus künftig Ausfälle in Milliardenhöhe. Die Politik ringt um einen Ausweg, doch verhindern lässt sich die Reform wohl nicht mehr. So will die Regierung die Folgen der Neuregelung zumindest abmildern.

Bislang werden internationale Unternehmen vor allem dort besteuert, wo sie ihren Hauptsitz haben. Doch das soll sich ändern: In Zukunft sollen alle Länder, in denen multinationale Unternehmen ihre Produkte oder Dienste verkaufen, einen Teil der damit verdienten Gewinne einbehalten können.

Das sehen neue Regeln vor, auf die sich 134 Länder unter Federführung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) derzeit verständigen wollen. 

Erst waren die neuen Regeln nur für Digitalkonzerne wie Google oder Facebook angedacht, die in ausländischen Märkten viele Nutzer haben, aber kaum besteuert werden. Doch die Reform dürfte auf andere multinationale Unternehmen ausgeweitet werden.

Diese Reform könnte die Schweiz unmittelbar treffen: Das Alpenland ist Heimat zahlreicher Großkonzerne, darunter etwa der Nahrungsmittelhersteller Nestlé oder die Pharmafirmen Roche und Novartis. Die Konzerne machen die meisten ihrer Umsätze im Ausland und beschäftigen dort auch die meisten Mitarbeiter. Den größten Anteil der Unternehmenssteuern zahlen sie aber in der Schweiz.

Die Schweiz ist also ein kleiner Markt, aber eine große Heimat für Unternehmen – und dürfte deshalb besonders von den neuen Regeln getroffen werden. „Auf die Schweiz kommen hohe Steuerausfälle zu“, warnte Finanzminister Ueli Maurer im Gespräch mit der „NZZ“. Zwischen 0,5 und 5 Milliarden Franken könnten dem Schweizer Fiskus alljährlich entgehen. „Es könnte sogar noch mehr werden“, sagte Maurer.

Dass Umsätze künftig stärker dort besteuert werden sollen, wo sie anfallen, ist für die Eidgenossen nur ein Problem. Denn zugleich sehen die OECD-Regeln einen Mindeststeuersatz vor, wie es ihn etwa in den USA bereits heute gibt. Eine Herausforderung für die Schweiz, denn die Eidgenossenschaft ist nicht nur wegen ihrer geografischen Lage, dem guten Bildungssystem oder der stabilen Politik für internationale Firmen attraktiv – sondern auch wegen ihrer niedrigen Steuersätze.

„Attraktive Steuersätze spielen für den Wirtschaftsstandort Schweiz nach wie vor eine zentrale Rolle“, heißt es etwa im Swiss Tax Report der Beratungsfirma KPMG. Die Schweiz sei im Vergleich zu den meisten europäischen Ländern günstig.

Niedrige Steuerquote für Unternehmen

Der Beratungsfirma zufolge zahlen Unternehmen in der Schweiz im Schnitt eine Steuerquote von 18 Prozent. In Deutschland liegt die Quote dagegen bei 30 Prozent.

Die niedrigen Steuern in der Schweiz lassen sich auch an der so genannten Fiskalquote ablesen, die die Fiskaleinnahmen eines Landes in Relation zu ihrem Bruttoinlandsprodukt setzt. Mit 27,6 Prozent im Jahr 2016 lag die Schweiz hier deutlich unter dem Schnitt der OECD-Staaten von 34,4 Prozent. Damit weist die Eidgenossenschaft in Europa die zweit-niedrigste Fiskalquote aus.

Die geplanten OECD-Regeln sind für die Schweizer also eine doppelte Herausforderung. Doch Aufhalten kann das Land die Reform wohl nicht – auch wenn etwa die Handelszeitung einen „Widerstand gegen die Großmächte“ forderte. Bern müsse dem drohenden Steuerregime mit aller Kraft entgegentreten.

Doch in Bern sieht man die Schlacht bereits verloren, bevor sie begonnen hat. „Verhindern lässt sich die Übung wohl nicht mehr“, sagte Finanzminister Maurer. „Wir sind deshalb daran, uns mit gleichgesinnten Ländern in Schadenbegrenzung zu üben.“

Wenn sich die neuen Regeln schon nicht verhindern lassen, sollen sie wenigstens nicht ganz so schlimm ausfallen, so die Hoffnung in Bern. Gemeinsam mit Ländern wie Luxemburg, Irland oder den Niederlanden, die sich in einer ähnlichen Lage wiederfinden, wollen die Schweizer dafür sorgen, dass Firmen auch künftig den Großteil der Steuern in ihrem Sitzstaat bezahlen.

„Das Projekt zur Besteuerung der digitalisierten Wirtschaft lässt sich nicht mehr stoppen“, heißt es auch bei Swissholdings, dem Verband multinationaler Unternehmen in der Schweiz. „Die Schweiz sollte sich deshalb dafür einsetzen, dass die Umverteilung zu den Marktstaaten möglichst tief ausfällt.“

Mehr: Die Schweizer Notenbank macht mehr als 50 Milliarden Franken Gewinn.

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2019-11-09 07:55:22Z
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