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Europa-Reise durch Potsdam: Niederlande, Schweiz, Norwegen an einem Tag - BILD

Potsdam ist ein wunderbarer Mini-Kosmos, eine kleine Europareise. Norwegen, Russland, Niederlande, England, Schweiz an einem Tag. Diese überraschende Vielfalt haben wir den Preußenkönigen zu verdanken. Und ihrem generationenübergreifenden Hobby, sich die Welt einfach vor die eigene Haustür zu holen. So kommt man auch heute noch rum und spart gleichzeitig Tausende Kilometer. Ein entspannter Fußmarsch durch Brandenburgs Landeshauptstadt.

Holländisches Viertel

Rostrote Klinkergiebel, strahlend weiße Fensterrahmen. Aus einer geöffneten Ladentür duftet es nach Kakao. 134 stilechte Ziegelsteinhäuser, Postkarten-Amsterdam in Potsdams City. Das Holländische Viertel gilt als größtes zusammenhängendes niederländisches Bau-Ensemble außerhalb des Mutterlands.

Rote Klinkerhäuser mit hübschen Giebeln: das Holländische Viertel in Potsdam
Rote Klinkerhäuser mit hübschen Giebeln: das Holländische Viertel in PotsdamFoto: picture-alliance/ ZB

Die Geschichte dahinter: Friedrich Wilhelm I. (1688–1740) ließ die Häuser zwischen 1733 und 1742 als Lockmittel errichten. Schon damals herrschte eklatanter Fachkräftemangel. Der König wollte so möglichst viele holländische Handwerker, die damals für ihr Know-how berühmt waren, nach Preußen holen. Es kam aber fast keiner – vermutlich lag es an der preußisch sparsamen Bezahlung. Statt dessen zogen Künstler und Händler ein.

Zu DDR-Zeiten wohnte hier hauptsächlich der Verfall. Einige Häuser wurden für einen Hubschrauberlandeplatz abgerissen. Heute ist alles prächtig saniert – mit Unterstützung des niederländischen Königshauses.

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Kaiserliche Matrosenstation

Von den Dachgiebeln recken sich wehrhaft hölzerne Drachenköpfe in alle Himmelsrichtungen. Drachenköpfe, wie sie sonst auf den stolzen Wikinger-Schiffen zu finden sind. Dicke Baumstammbohlen-Wände wechseln sich immer wieder mit grazil geschnitzten Pfeilern, Geländern, Vordächern ab ...

Irgendwann hatte Kaiser Wilhelm II. (1859–1941) die Nase voll: Die Flotte seiner Havelschiffe wurde langsam unübersichtlich und war an verschiedenen Liegeplätzen in halb Berlin und Potsdam verteilt. Wilhelm ließ deshalb 1891 unweit seines Sommersitzes Sanssouci direkt am Jungfernsee eine Privat-Marina bauen.

Wilhelm II. ließ das imposante Bootshaus Kongsnaes am Jungfernsee bauen
Wilhelm II. ließ das imposante Bootshaus Kongsnaes am Jungfernsee bauenFoto: picture-alliance/ ZB

Weil er schon immer Skandinavien-Fan war, sieht das Ensemble aus wie ein norwegisches Bootshaus – und bekam den Namen Kongsnaes (Königsnase oder -landzunge).
1945 wurde ein Teil der Kaiserlichen Matrosenstation durch Artilleriebeschuss zerstört. Den Rest räumten die DDR-Grenztruppen 1961 ab – sie brauchten Platz für die Berliner Mauer.

Der Berliner Schmuckhändler Michael Linckersdorff hat das nordische Ensemble in den vergangenen Jahren originalgetreu wieder aufgebaut. Nach ewigen Querelen um das Nutzungskonzept soll spätestens im Juli ein Restaurant eröffnen – natürlich mit perfektem Havelblick.

Schweizerhäuser Klein Glienicke

Heidi-Atmosphäre an der Havel. Im Stadtteil Klein Glienicke, ein bisschen im Wald versteckt, findet sich – ein Stück Schweiz. Preußenprinz Carl (1801–1883), glühender Schweiz-Anhänger, ließ hier elf Häuser im Eidgenossen-Stil in den märkischen Sand bauen: Typische flache Dachneigung, Feldstein-Sockel, hölzerne Balkone und Fassaden.

Schweiz-Fan Prinz Carl baute kurzerhand nahe Potsdam elf Chalets
Schweiz-Fan Prinz Carl baute kurzerhand nahe Potsdam elf ChaletsFoto: AFP/Getty Images

Später verlief die Mauer direkt neben einigen der Häuser. Weil in den 1960er-Jahren mehrfach Leute von den urigen Balkons in die Freiheit nach Westberlin sprangen und um freies Schussfeld zu haben, ließen die DDR-Grenzbehörden vier der pittoresken Gebäude einfach abreißen.

Die anderen, inzwischen weitgehend saniert, verbreiten ungebrochen Schweizer Ambiente im Herzen von Preußen.

Russische Kolonie Alexandrowka

Wie eine aus der Zeit gefallene Insel liegt die Siedlung Alexandrowka mitten im Großstadtverkehr, zwischen vierspuriger Bundesstraße und rumpeliger Straßenbahnlinie. Alexandrowka sieht so aus, wie es klingt: 13 russische Blockhäuser mit kleinen Gehöften. In den Obstgärten blühen Sträucher, es duftet nach Kräutern und frisch gemähtem Gras.

Eines der prachtvollen Holzhäuser in der Kolonie
Eines der prachtvollen Holzhäuser in der KolonieFoto: picture alliance / imageBROKER

Die romantische Geschichte des russischen Dorfes mitten in Potsdam: Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. (1770–1840) war so angetan vom Gesang eines russischen Militärchors, dass er den Soldaten ein Häuschen versprach, wenn sie denn bei ihm in Potsdam blieben. 1826 schickte ihm sein Kumpel Zar Alexander I. (1777–1825) 100 russische Militärhandwerker, die in nicht mal einem Jahr die komplette Siedlung hochzogen.

Die Sänger durften die Häuser nicht verkaufen, nur an ihre Söhne vererben. Ohne männliche Nachkommen fiel das Anwesen an das Königshaus zurück. Bis vor wenigen Jahren waren noch vier der Häuser von Nachkommen der Soldatensänger bewohnt. Davon kündeten Türschilder mit Namen wie Grigorieff, Jablokoff oder Anisimoff. 1999 wurde Alexandrowka Teil des Unesco-Weltkulturerbes.

Mehr über das Leben in der Russischen Kolonie vor fast 200 Jahren erfahren Besucher im Museum: Eintritt 3,50 Euro, www.alexandrowka.de

Die Alexander-Newski-Kapelle in der Kolonie Alexandrowka
Die Alexander-Newski-Kapelle in der Kolonie AlexandrowkaFoto: picture alliance / imageBROKER

Infos und Angebote

► Anreise: Mit der Bahn via Berlin oder Magdeburg nach Potsdam Hauptbahnhof. Per Flieger nach Berlin-Schönefeld oder Tegel. Weiter mit Bus und S-Bahn direkt nach Potsdam.

► Übernachten: Hotel zum Hofmaler, moderne Architektur hinter historischer Fassade mitten im Holländischen Viertel. Ü/ DZ ab 100 Euro/Nacht. www.hofmaler-hotel-potsdam.de

► Flüssiger Nahverkehr: Die quietschgelben Wassertaxis verbinden fast alle Sehenswürdigkeiten in Potsdam und im Umland im Linienverkehr. Mit dem Tagesticket können Sie so weit und so oft sie wollen durch und um die brandenburgische Landeshauptstadt schippern. 19 Euro p.P., Kurzstrecke ab 4 Euro. www.potsdamer-wassertaxi.de

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2019-07-08 07:32:36Z
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