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Hamsterkäufe nur noch zuhause - F.A.Z. - Frankfurter Allgemeine Zeitung

In der Schweiz haben die von Deutschland verfügten Einschränkungen und Kontrollen im Grenzverkehr bisher keine größeren Turbulenzen ausgelöst. Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens dürfen Berufspendler und Warentransporte weiterhin die Grenze passieren, was vor allem für die Schweizer Wirtschaft sehr wichtig ist. Zweitens haben viele Firmen in der Grenzregion sowieso schon etliche ihrer Mitarbeiter zur Heimarbeit verpflichtet und/oder Kurzarbeit eingeführt. Dies reduziert das Verkehrsaufkommen. An normalen Tagen strömen jeden Tag rund 34.000 Menschen aus Deutschland und Frankreich zur Arbeit in den Kanton Basel-Stadt. Ins Tessin, wo die Schweiz schon in der vergangenen Woche den von Italien kommenden Grenzverkehr eingeschränkt hat, pendeln täglich 38.000 Italiener.

Johannes Ritter

Die Basler Pharmakonzerne Roche und Novartis haben alle Mitarbeiter aus der Verwaltung ins Homeoffice geschickt. In der Produktion und den Forschungslabors gehe die Arbeit aber unverändert und vor allem ungestört weiter, wie ein Sprecher von Roche betonte. „Wir sind uneingeschränkt lieferfähig.“ Roche beschäftigt in Basel und Umgebung 11.000 Mitarbeiter. Davon sind rund 30 Prozent Grenzgänger. Auch Nestlé, der größte Nahrungsmittelkonzern der Welt mit Sitz in Vevey am Genfer See, hat nach Aussage eines Sprechers derzeit weder Produktions- noch Lieferprobleme.

Auch die Schweizer Lebensmittelhändler sind bisher nicht in ihrer Lieferfähigkeit eingeschränkt. Trotzdem wurden sie von Kunden überrannt, nachdem die Schweizer Regierung am Freitagnachmittag noch drastischere Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus beschlossen hatte. Noch am selben Abend leerten sich die Regale von Migros und Coop, der beiden führenden Einzelhandelsketten der Schweiz. Vor allem Toilettenpapier, Nudeln, Reis, Hülsenfrüchte und Konserven aller Art wurden gehamstert, als gäbe es kein Morgen. Migros und Coop feuerten aus allen kommunikativen Kanälen, um den Leuten klarzumachen, dass die Lager bestens bestückt seien und daher die Regale schon am nächsten Tag wieder gut befüllt wären.

Doch das half nichts. Am Samstag setzte sich der Ansturm fort und schwappte in die Einkaufsläden im benachbarten Baden-Württemberg über. Dort sind entlang der Grenze alle deutschen Einzelhandelsketten mit Filialen vertreten, deren Anzahl und Größe weit über den lokalen Bedarf hinaus geht. Denn wegen der hohen Preise in der Schweiz und der Erstarkung des Frankens gegenüber dem Euro fahren viele Eidgenossen zum Einkaufen über die Grenze nach Deutschland. Das jährlichen Einkaufsvolumen im Ausland wird auf mehr als zehn Milliarden Franken geschätzt.

Hochbetrieb auf den Supermarkt-Parkplätzen

Am vergangenen Samstag war die Autokolonne in die Grenzstädte allerdings besonders lang. Beispiel: Jestetten. In dieser 5000-Seelen-Gemeinde in der Nähe von Schaffhausen haben sich unter anderem Aldi, Edeka, Penny und der Drogeriemarkt dm mit großen Läden niedergelassen. Der riesige Aldi-Parkplatz war gefühlt zu 80 Prozent mit Autos aus der Schweiz gefüllt. Drinnen herrschte Hochbetrieb, die Mitarbeiter kamen kaum mit dem Nachfüllen der Regale nach. Im Edeka waren am Nachmittag die gleichen Regale leer gefischt, die zuvor auch in der Schweiz bevorzugt angesteuert wurden. Im dm waren alle Arten von Tabletten und Brausen zur Stärkung des Immunsystems ausverkauft. Diesem Einkaufstourismus hat die deutsche Regierung nun vorerst einen Riegel vorgeschoben.

Unterdessen gehen immer mehr Schweizer Kantone über die von der Regierung in Bern (Bundesrat) verhängten Einschränkungen hinaus. In Graubünden, Basel-Land, Neuenburg sowie im Tessin und im Jura müssen alle Restaurants, Sporthallen, Theater und Geschäfte, die keine lebensnotwendigen Güter oder Dienste anbieten, schließen. Lebensmittelläden, Apotheken, Drogerien, Banken und Postschalter bleiben offen. In der Schweiz sind allein am Sonntag 800 neue Infizierungen gemeldet worden. Damit sind nun 2200 Personen positiv auf das Coronavirus getestet worden. In Relation zur Einwohnerzahl von 8,6 Millionen ist das überdurchschnittlich viel. Am stärksten ist der Kanton Tessin betroffen.

Am Freitagnachmittag hatte der Bundesrat per Notrecht erlassen, dass bis Ende April alle Veranstaltungen mit mehr als 100 Menschen verboten sind. Auch die Skigebiete mussten schließen. In Restaurants, Bars und Clubs dürfen sich maximal 50 Menschen aufhalten. Bis Anfang April fällt der Unterricht an den Schulen aus. Das Parlament in Bern hat die eigentlich noch bis Ende dieser Woche laufende Tagungsperiode mit sofortiger Wirkung abgebrochen.

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2020-03-16 11:17:00Z
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