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Luxusort Gstaad in der Schweiz: Wo der Champagner fließt - WELT

Anreise

Während China für ein Ski-Resort nördlich von Peking einen Bullet Train baut, der drei Stunden Autoanfahrt in 50 Minuten abreißen wird, bummelt man nach Gstaad im „GoldenPass“, einem Panoramazug im Belle-Époque-Stil, durch die Alpentäler auf 1050 Meter hoch. Privatjets landen im acht Kilometer entfernten Saanen. Formel-1-Legende Bernie Ecclestone schwebt auf der kurzen Landebahn regelmäßig mit dem größten Flieger ein, seiner Falcon 7X.

Bauwerke

Wer Manhattan mag, wird Gstaad lieben. Wo die Metropole in die Höhe baut, wächst das Bergdorf in die Tiefe. 70 Prozent des Ortes liegen unterirdisch – „zumindest in Oberbort, auf dem Milliardärshügel“, sagt ein Einheimischer: „Dort reiht sich ein Beverly-Hills-Bunker an den nächsten, jeder vier-, wenn nicht sechsstöckig unter die Erde gebaut; mit Riesendesigngaragen unten, das gehört hier zum Interior-Wahn, in denen dich zwischen Ferraris und Lamborghinis die Warhol-Kühe angucken.“

Champagner

Gilt nach Wasser als beliebtestes Getränk. Im „Hotel Alpina“ kostet eine Flasche Krug Clos d’Ambonnay (Jahrgang 1996) 6900 Schweizer Franken. Eine Magnum Château Pétrus gibt es für 41.000 Franken. Das „Russian Christmas“ im Januar gilt als Umsatztorpedo in vielen Hotels. Wem das Kleingeld ausgeht: „Château Palace“ ist das Codewort für Wasser aus dem Hahn an der „Palace Bar“.

Dresscode

Der britische Cartoonist Oliver Preston karikiert seit Jahren Ort und Gesellschaft: leicht senile Menschen, die viel zu viel trinken. Gruß aus dem schönsten Altersheim der Alpen, schrieb mal einer auf Prestons Postkarten. Pelz ist bei den Älteren immer noch angesagt, als Mantel, Mütze, Mopstasche (die natürlich aus Kunstfell).

Pelze sind hier noch kein Problem: In Gstaad beibt man unter sich (Berner Oberland, Schweiz)
Pelze sind hier noch kein Problem: In Gstaad beibt man unter sich

Quelle: Getty Images/Slim Aarons

Die Boutique Lorenz Bach hält von Wolldessous über Skimode in Retrofarben (Frauenschuh, Perfect Moment) bis zur Cavalli-Abendrobe alles für unvergessliche Après-Ski-Auftritte bereit. Man geht comfy, casual, aber elegant. Silky Samtpyjamas (etwa von For Restless Sleepers) sind ideal für Diner und Disco, danach ab unters Duvet.

Für Gäste aus dem Mittleren Osten gilt übrigens, zumindest im „Palace“: Verschleiert ist okay, wenn das Gesicht zu sehen ist.

Eagle Ski Club

Die feinste Art, zu lunchen. Um hier ein Melanzane-Carpaccio zu genießen, muss man zunächst eine Weile Off-season-Member sein (um die 3000 Franken), dann Season-Member (um 6000 Franken), bis man irgendwann vielleicht Life-Member werden darf (30.000 Franken). Warteliste: endlos. Viele Berühmte wurden abgelehnt.

Ernesto Bertarelli, Biotech-Milliardär (ihm und seiner Schwester gehören halb Gstaad), hat einen ganzen Berg gekauft, das Rellerli, um nun seine eigene Private Lodge daraufzusetzen. Im Winter 2021 eröffnet außerdem der „Club de Luge“ auf dem Eggli, angeblich noch elitärer und spektakulärer.

Familie Bach

Willi Bach aus Saanen ist der coolste Bauer, ein Milchkannen-Jonny in Jeans, 62, dreisprachig und verheiratet seit bald 40 Jahren. Seine lebhaften Augen verraten, dass er mehr gesehen hat als alle anderen. Mit Günter Netzer fuhr er immer Ski. Auf seiner Alp vermietet er ein Zimmer für 50 Franken am Tag, mit Brotbacken und Kühefüttern. Glamour-Detox.

Schweiz: Günter Netzer heiratete am 1. Februar 1987 in Gstaad seine Lebensgefährtin Elvira Lang kirchlich
Kirchliche Trauung: Günter Netzer heiratete am 1. Februar 1987 in Gstaad seine Lebensgefährtin Elvira Lang

Quelle: picture-alliance / dpa

Gipfelschule

International berühmt gemacht hat den Ort das Wintercamp des Schweizer Internats Le Rosey. Es gilt als teuerste Schule der Welt. Seine Schüler sind Kinder von Prinzen und Präsidenten.

Hollywood

Die tapsige Bronzekuh „Rosie“ am Dorfbrunnen wurde einst von Liz Taylor und Bernie Ecclestone gespendet. Okay, es war allerdings kein ganz selbstloses Geschenk der Diva, die Künstlerin Liza Todd-Tivey war ihre Tochter.

Gstaad (Berner Oberland, Schweiz): Die Bronzekuh „Rosie“ am Dorfbrunnen schuf Liz Taylors Tochter Liza Todd-Tivey
Am Dorfbrunnen: Die Bronzekuh „Rosie“ schuf Liz Taylors Tochter Liza Todd-Tivey

Quelle: pa/imageBROKER/BAO

Interior

Im „Alpina“ (Zimmer zwischen 850 und 22.000 Franken) gibt es viele Instagram-taugliche Schmuckstücke. Ein gigantischer Eichenbaumstamm, der an den Weltbaum aus „Avatar“ erinnert (ohne die blauen Wesen natürlich), dient als Empfangstresen. Es duftet nach Holz, am helllichten Tag ist bereits ein Kerzenmeer entflammt. Die Teppiche sind so flauschig-dick, dass man sofort die Schuhe ausziehen und die nackten Zehen in die Wolle graben möchte.

Gstaad (Berner Oberland, Schweiz): Ein gigantischer Eichenbaumstamm dient im "Alpina" als Empfangstresen
Ein gigantischer Eichenbaumstamm dient im "Alpina" als Empfangstresen

Quelle: THE ALPINA HOTEL

Kontrastprogramm: Im Bed & Breakfast „Gässlihof“ in Feutersoey, einem Bauernhof von 1780, sieben Kilometer von Gstaad entfernt, gibt es fließend Wasser und federweiche Plumeaus. Übernachtung: 62 Franken pro Person im Doppelzimmer, inklusive selbst gebackenem Frühstückszopf.

Jodeln

Anders als in vielen anderen Skiorten, wo man sich innig in den Armen liegt, sobald der Hüttensong aufdreht, gibt sich Gstaad distanziert. Hier spielt sich das wirkliche Leben jodelfrei in den Privatvillen ab, wobei früher natürlich alles noch eleganter war.

Eine bepelzte Dame beklagt die Zumutungen der Moderne: „Diese Unternehmer, die mit der Lautstärke eines Rockkonzerts nur von sich tönen – das will man nicht unbedingt am Tisch haben.“ Manche Gastgeber sind so dubios, dass man überlegen muss, ob man überhaupt hingehen kann, weil man gar nicht weiß, wie viele Leichen die im Keller haben, sagte eine Fürstin mal. Da bleibt man lieber unter sich.

Hausbesuch bei Valentino in Gstaad (Berner Oberland, Schweiz)
Hausbesuch bei Valentino: In seinem Chalet wird bereits zum Tee schweres Silber aufgefahren

Quelle: Francois Halard/Trunk Archive; Gstaad Palace Hotel

Valentino, der italienische Modeschöpfer, kommt seit Jahren nach Gstaad. Prinzessin Caroline huscht manchmal mit ihrer Dackelhorde durchs Dorf, abends isst sie kurz im Restaurant. Man zeigt sich nicht. Es reicht, dass die Leute wissen, dass man da ist – diskret wie Pulverschnee.

Käsefondue

Die „Fromagerie“ im „Palace“ serviert es mit Trüffeln und Champagner, das ist leichter, durch die Kohlensäure. Der Restaurantchef ist so einer, der persönlich an den Tisch kommt: „Hallöchen, Tachchen auch (kleiner Wink zum Barmann): Hier mal schnell einen Kleinen aufs Haus.“ In „Michel’s Stallbeizli“ sitzt man beim Brotstippen in einem richtigen Stall, die Kühe klimpern mit den Wimpern vorm Fenster.

Das beste Raclette wird im „Petit Chalet“ aufgefahren. Danach tanzen alle sieben Tische den Kuhglockentanz. Dabei gilt es, mit irgendeinem gerade fassbaren Gegenstand (Kochlöffel, Schuh des Nachbarn) die Glocke an der Decke zum Klingen zu bringen.

Langfinger

Zugegeben, die Anreise nervt. Vorteil der abgeschiedenen Gebirgslage: Auch Diebe müssen sich erst über den Pass oder durch das Simmental quälen, bis sie über die Autobahn fliehen können.

Mekka der Kunst

Hochstimmung im Tiefschnee, bejubelte das Kunstmagazin „Monopol“ das dritte Festival „Elevation 1049: Frequencies“ der Luma Foundation (Mitveranstalter war The Store X The Vinyl Factory). Während man vor zwei Jahren noch durch die Berge wanderte auf der Suche nach der Videoprojektion in einem Heuschober, sticht diesmal Doug Aitkens Arbeit „Mirage Gstaad“ heraus – ein Haus, dessen Spiegelfassaden Berge und Schnee reflektieren, mittlerweile der Instagram-Magnet.

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Für zwei Jahre wird es auf einem Feld in 1100 Meter Höhe stehen. „Monopol“: „Die Witterung wird an ihm fressen, seine renderhafte Künstlichkeit verschwinden. Die Zeiten ändern sich, die Berge sind ewig.“

Schweiz: Ein Besucher spiegelt sich in der Gebäudeskulptur "Mirage Gstaad" des kalifornischen Künstlers Doug Aitken
Ein Besucher spiegelt sich in der Gebäudeskulptur "Mirage Gstaad" des kalifornischen Künstlers Doug Aitken

Quelle: pa/dpa/Anthony Anex

Eine Utopie der Lust in Gunter Sachs’ „Vieux Chalet“ (mietet jetzt die Galerie Hauser & Wirth), Andreas-Gursky-Ausstellung im Flugzeughangar: Gstaad entwickelt sich zum Kunst-Mekka. „Sehr geschickt“, sagt der Schweizer Auktionator Simon de Pury. „Viele haben keine Lust mehr auf Kunstmessen, das pittoreske Ambiente gefällt.“ In den Ferien sind die Leute entspannter, das stärkt auch die Spenderlaune.

Nightclubs

Im „GreenGo“ ist man um fünf Uhr früh noch in guter Gesellschaft. Die berühmte Disco liegt im Keller des „Palace“, die Einrichtung stammt noch von Paco Rabanne, einem Mode-, Parfum- und Design-Fossil aus den 80ern. Die Boxen sind so stark, dass man sich die Haare vor ihnen föhnen könnte.

Ansonsten gibt es das „Chlösterli“. Problem: Es liegt etwas außerhalb, die Alkoholkontrollen in der Schweiz sind knallhart und die Bußgelder teuer.

Oh-Faktor

Ein Highlight ist das Fest des Waadtländer Tycoons Maurice Amon (produziert Sicherheitsdruckfarben für Banknoten) jedes Jahr. Madonna und Tochter Lourdes wurden hier auch schon gesichtet.

Pisten

Die 200 Pistenkilometer interessieren nur wenige, Skifahren ist nicht das Hauptmotiv, zum Leidwesen der Liftbetreiber. Wenn schon ins Gelände, dann auf den Hausberg Wasserngrat. Im Sommer gibt’s hier Heli-Yoga.

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Quicky

In der „Metzgerei 16“, dem Dorfimbiss, gibt es Thai-Snacks und Burger, Take-away asiatisch für Netflix-Abende.

Rachenputzer

Ein Schnaps in den Bergen, alte Liz-Taylor-Weisheit, lockert Zunge und Herz. Old Schoolers genehmigen sich einen Bullshot vor dem Lunch, Bouillon mit Wodka. Irish Coffee, „Schneehase“ genannt, ist ein beliebter Hüttendrink.

Willy Bogner, Modeunternehmer und Ex-Skirennfahrer, empfiehlt „Kafi Luz“, Kaffee mit Schnaps. „Dann bist du beschwingt, ohne dass du bei der Abfahrt den SOS-Leuten zu viel Arbeit machst.“

Special Treatments

Es gibt einen Friseur, der hier nicht genannt werden möchte. Man kann ihn auch fürs Chalet buchen. „Da öffnen einem dann schon auch mal 80-jährige Damen im Negligé...“

Touristen

Mitte Dezember öffnen die Grandhotels, dann ist Wintersaison bis Ostern. Menschen aus dem Mittleren Osten (zehn Prozent der Touristen) oder Europäer, denen die Großstädte zu heiß werden, kommen gern zwischen Juni und September.

Umwelt

Gstaad hat kein Opernhaus, dafür bietet die Pflanzen-, und Tierwelt ungeahnte Schauspiele. Alpenschneehühner beispielsweise: Die Männchen dieser Vogelart verfügen über phänomenale Laufeigenschaften, da sie ihr Revier in der Brutzeit 24 Stunden am Tag gegen Rivalen verteidigen müssen. Der Klimawandel aber bedroht ihr Habitat.

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Klimawandel in den Alpen

Xenia zu Hohenlohe, Gründerin von Considerate Group, entwickelt weltweit Umweltstrategien für Hotels. Gäste schützen bereits ab einem Euro Spende die Natur.

Vergessen

Rotlicht erwartet man in dieser Gegend eher nicht. Das Hotel „Le Grand Bellevue“ bietet es: Infrarotsauna im „Le Grand Spa“, einem Planschvergnügen mit 17 Wellness-, und Relaxzonen, Salzgrotte, Ziegenmilchbad, Couple-Massagen. Pflicht ist das Heubad! Eine Kundin: „Danach bin ich so entspannt, dass ich sogar vergesse, dass mich mein Mann seit über 20 Jahren betrügt.“

Wandern

„Wenn ich ein Leben lang nur einen Weg hätte gehen dürfen: Die Strecke von Lauenen zum Lauenensee ist ein Traum“, sagt Michel Hediger, gebürtiger Gstaader mit strammen Waden. „Wenn die Sonne über den Kamm krabbelt und das Wildhorn glüht, geht mir das Herz auf.“

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Horseshoe Bend, Arizona.

Xtra-Wünsche

Ein Gast im „Palace“ wollte täglich frischen Rollrasen in seiner Dusche, damit sein Hund dort Gassi gehen konnte. Draußen, im Schnee, war es zu kalt. Ein anderer war recht klein gebaut, sodass er die Berge nicht richtig sehen konnte, wie er monierte. Das Hotel ließ den Boden seiner Suite 30 Zentimeter höher setzen. „Das macht man dann halt“, sagt der Hoteldirektor.

Viele bedanken sich aber auch nett: Zwei Gäste haben ihm mal ihren Bugatti Veyron dagelassen. Kann er es jemandem gar nicht recht machen, sagt er allerdings schon mal: Bitte packen Sie Ihre Koffer und kommen Sie nicht mehr wieder. „Das ist auch befreiend.“

YouTube

Zur Einstimmung schauen Sie „Gstaad, come up, slow down“. Der Popper-Rapper Constance, The Gstaad Guy, erklärt auf Instagram, was man bei einem Besuch besser vermeidet – etwa im Nachtclub „Greengo“ einen fetten Tisch zu haben, und dann wird die Kreditkarte abgelehnt...

Zahlen, bitte

Allein das Geldziehen am Bankautomaten kostet bis zu zehn Franken. Wer ein Chalet mieten will, könnte sich für die Summe jede Woche einen neuen Kleinwagen kaufen.

Quelle: Infografik WELT

Infos zu Gstaad in der Schweiz

Unterkunft: Ein stilvolles Ambiente bieten die Fünfsternehäuser „Palace“ (ab 325 Franken pro Person im Doppelzimmer mit Halbpension, palace.ch), „The Alpina“ (ab 425 Franken pro Person im Doppelzimmer mit Halbpension, thealpinagstaad.ch), „Le Grand Bellevue (ab 195 Franken pro Person im Doppelzimmer mit Frühstück, bellevue-gstaad.ch), „Eremitage“ (ab 194 Franken pro Person im Doppelzimmer mit 3/4-Pension, ermitage.ch), „Park Gstaad“ (ab 391 Franken pro Doppelzimmer mit Frühstück, parkgstaad.ch). Urig wohnt man im Bead & Breakfast „Gässlihof“, ab 62 Euro pro Person im Doppelzimmer (gaesslihof.ch). Urlaub auf dem Bauernhof der Familie Bach in Saanen: willibach.ch

Auskunft: Gstaad Saanenland Tourismus, gstaad.ch

Die Teilnahme an der Reise wurde unterstützt von Gstaad Saanenland Tourismus. Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter axelspringer.de/unabhaengigkeit.

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2019-03-05 06:19:00Z
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