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Vorwürfe aus den USA: Warum der Höhenflug des Franken für die Schweiz zum Problem wird - Handelsblatt

Schweizer Franken

Zur Jahreswende betrugen die Devisenreserven der Schweizer Nationalbank rund 800 Milliarden Franken (750 Milliarden Euro).

(Foto:& dpa)

Wer derzeit Skiferien in der Schweiz macht, den kosten der Skipass und das Rösti im Bergrestaurant noch mehr als sonst. Denn der Schweizer Franken hat kräftig aufgewertet: Ein Euro kostet derzeit rund 1,06 Schweizer Franken – damit ist die Schweizer Währung so stark wie zuletzt vor fünf Jahren.

Denn der Ausbruch des Coronavirus verunsichert internationale Investoren. Sie sehen die Landeswährung der Schweizer als so genannten „sicheren Hafen“. Die Folge: Der Franken legt seit Wochen zu. Seit Jahresbeginn gewann er zum Euro mehr als zwei Prozent an Wert. Auch am Montag war der Franken wieder stark gefragt.

Der starke Franken ärgert nicht nur ausländische Touristen oder Schweizer Firmen, die ihre Güter in die ganzen Welt verkaufen wollen. Die Frankenstärke stellt auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) vor ein großes Problem. Die Notenbanker sollen für stabile Preise sorgen, doch der starke Franken macht es sehr schwierig, dieses Ziel zu erreichen. Zudem droht Ärger aus den USA.

Fünf Jahre nach dem so genannten „Frankenschock“ steht die Landeswährung der Eidgenossen damit erneut im Schlaglicht. Damals gab die Schweizer Notenbank den Mindestkurs zum Euro überraschend auf, sodass der Franken schlagartig um bis zu 15 Prozent aufwertete. Der Schritt löste ein kleines Beben an den Finanzmärkten aus. Viele Schweizer Firmen mussten mit Sparmaßnahmen reagieren, weil ihre Produkte im Ausland schlagartig um rund 15 Prozent teurer geworden waren.

Die feste Kursgrenze zum Euro hat die SNB zwar aufgegeben, doch sie stemmt sich noch immer gegen die Frankenstärke. So halten die Schweizer den Leitzins noch tiefer als die europäischen Nachbarn. Der Leitzins der SNB liegt bei minus 0,75 Prozent. Eine weitere Senkung wäre zwar möglich, aber schwierig.

Denn die Negativzinsen sorgen schon jetzt für Probleme in der Eidgenossenschaft. Beispielsweise zeigt der Immobilienmarkt teils deutliche Überhitzungserscheinungen. So entstanden zehntausende Wohnungen in Gegenden, in denen sie überhaupt nicht gebraucht werden.

Damit bleibt Notenbankchef Thomas Jordan und seinem Team vor allem ein Mittel, um eine weitere Aufwertung des Franken zu verhindern: gezielte Eingriffe am Devisenmarkt. Mit frischgedruckten Franken kauft die Notenbank dabei Fremdwährungen wie den Euro oder Dollar, damit der Frankenkurs nicht weiter steigt.

Dadurch wurde die SNB zu einem großen Spieler am internationalen Kapitalmarkt. Zur Jahreswende betrugen ihre Devisenreserven rund 800 Milliarden Franken (750 Milliarden Euro). Rund 20 Prozent dieser Reserven stecken in Aktien. So kommt es, dass die SNB milliardenschwere Aktienpakete von Börsenriesen wie Apple oder Facebook hält.

Mit den niedrigen Zinsen und den Eingriffen am Devisenmarkt konnten die Schweizer eine noch stärkere Aufwertung ihrer Landeswährung bislang verhindern. Doch sie haben ein großes Problem: Die USA verdächtigen sie der Währungsmanipulation.

Der Vorwurf: Die SNB wolle den Schweizer Unternehmen mit ihren Eingriffen unfaire Vorteile verschaffen. Im Januar setzte das US-Finanzministerium die Schweiz deshalb wieder auf eine Liste der Staaten, die wegen möglicher Währungsmanipulation beobachtet werden.

SNB-Chef weist Vorwürfe zurück

Damit befinden sich die Schweizer zwar in bester Gesellschaft: Auch Deutschland, Irland oder Japan stehen auf der Liste der amerikanischen Behörde. Doch in der Schweiz ist die Sorge, von den USA als Devisentrickser gebrandmarkt zu werden, besonders groß – und engt den Spielraum der SNB angesichts des starken Franken ein. Analysten glauben, dass sich die Notenbank deshalb derzeit mit Interventionen am Devisenmarkt zurückhält, und sehen sie in der Zwickmühle.

„Wir glauben, dieser Schritt begrenzt die Interventionsbereitschaft der SNB, da sie keine Vergeltungsmaßnahmen riskieren will“, schreiben etwa die Anlagestrategen der Großbank UBS. Sie glauben, dass der Euro zum Franken weiter an Wert verlieren könnte – eine Erholung sei wohl erst im zweiten Halbjahr in Sicht.

Ähnlich fällt die Einschätzung der Devisenanalysten der Commerzbank aus. Angesichts der Drohung aus den USA zweifele der Markt derzeit am Interventionswillen der Notenbank, schreibt Devisenanalystin Thu Lan Nguyen. „Zwar ist es unwahrscheinlich, dass die USA die Schweiz aufgrund ihrer Devisenmarktinterventionen zur Schwächung des Franken sanktionieren“, glaubt Nguyen. Dazu sei die Volkswirtschaft des Landes schlicht zu klein. „Doch das Risiko ist sicherlich nicht bei Null“.

Wenn die USA ihre Drohung wahr machen, drohen empfindliche Strafen. Eine Verordnung des amerikanischen Handelsministeriums sieht etwa die Möglichkeit vor, Antisubventionszölle gegen Länder zu verhängen, die als Devisenpfuscher gelten. Die Ausgleichszölle können etwa auf einzelne Produktgruppen verhängt werden. Schlimmstenfalls könnte das also bedeuten, dass dann auf Schweizer Exportgüter wie Uhren oder Schokolade in den USA ein Zuschlag fällig wird.

Auf konkrete Forderungen des US-Finanzministeriums geht die Schweiz bislang nicht ein. Das Ministerium will nämlich, dass die Schweizer Regierung die öffentlichen Ausgaben erhöht. Doch die Schweiz ist stolz darauf, nicht nur eine schwarze Null präsentieren zu können, sondern sogar einen Überschuss in Höhe von 3,1 Milliarden Franken in 2019.

Zudem weist der SNB-Chef den Vorwurf der Währungsmanipulation entschieden zurück: „Weder die Schweiz noch die Nationalbank ist ein Währungsmanipulator“, sagte er kürzlich der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Der Franken sei schlicht eine hoch bewertete Währung, der SNB bleibe gar keine andere Wahl, als mit einer angemessenen Geldpolitik zu reagieren. „Wir streben keine Schwächung des Frankens an, um einen Vorteil gegenüber anderen Ländern zu erhalten“, sagt der Notenbankchef.

Die Schweizer wollen ihre Währung demnach nicht schwächen, sondern nur verhindern, dass sie noch stärker wird. Doch ob diese Interpretation auch auf der anderen Seite des Atlantiks geteilt wird, bleibt abzuwarten: US-Präsident Donald Trump hat schließlich regelmäßig beklagt, dass sich andere Länder im Handel mit den Vereinigten Staaten unfaire Vorteile verschaffen – ohne sich dabei lange an Details festzuhalten.

Druck auf den Franken bleibt hoch

Der Druck auf den Franken bleibt aber nicht nur wegen des Coronavirus hoch. Analysten verweisen auch auf die amerikanische Handelspolitik, die für neue Unsicherheit sorgen könnte, genau wie die Verhandlungen um ein Handelsabkommen zwischen der EU und Großbritannien.

Zum Leidwesen der Schweizer Notenbanker dürfte der Franken also erst einmal gefragt bleiben. Auch die Tourismusbranche und die Maschinenbauer klagen über die neuerliche Stärke der Landeswährung. Deutliche Worte kommen etwa vom Branchenverband der Maschinen- Elektro- und Metallindustrie. Er fordert die Nationalbank dazu auf, „an ihrem eingeschlagenen Kurs festzuhalten und weiterhin konsequent und mit Vehemenz dafür zu sorgen, dass der Schweizer Franken nicht noch stärker wird, sondern sich im Gegenteil abschwächt.“ Das sei ein wesentlicher Beitrag für die Stärkung der Wirtschaft. Die Unternehmen würden aufgrund des starken Frankens und der schwachen Auftragseingänge gleich doppelt unter Druck gesetzt.

Insgesamt hält sich der Aufschrei der Schweizer Unternehmen bislang aber in überraschend engen Grenzen. Als die SNB vor fünf Jahren den Mindestkurs zum Euro aufgab, traf das viele Unternehmen hart. Die SNB zog mit dem Schritt herbe Kritik auf sich. Doch inzwischen haben sich doch die meisten Firmen mit dem starken Franken arrangiert. Das jedoch könnte sich ändern, wenn die Folgen der Corona-Epidemie auch die Schweizer Wirtschaft treffen.

Mehr: Lesen Sie hier, warum der Dax an diesem Montag bereits mehr als 500 Punkte verloren hat.

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2020-02-24 12:12:52Z
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